Elektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge werden zunehmend wettbewerbsfähig. In bestimmten Nutzungssituationen liegen die Kosten schon heute gleichauf mit traditionellen Dieselantrieben. Das McKinsey Center for Future Mobility hat im Herbst des vergangenen Jahres die Rahmenbedingungen für die Einführung von elektrischen LKWs, den sogenannten eTrucks untersucht. Wir wollen hiermit die wesentlichen Erkenntnisse, vor allem im Hinblick auf die Auswirkungen für die Logistik auf der letzten Meile, vorstellen.
Grundsätzlich sind elektrische Trucks tatsächlich nichts Neues, sie arbeiten seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts auf den Straßen der großen Städte der Welt. Weltweit schätzten die Fuhrparkmanager die eTrucks wegen ihrer starken Zugkraft und höheren Zuverlässigkeit als Fahrzeuge, die von frühen, damals eher unruhigen Verbrennungsmotoren angetrieben wurden.
Traditionelle und neue Hersteller lancieren eTrucks
Doch erst heute ist die Zeit reif für das Lancieren neuer eTrucks. Sowohl etablierte als auch nicht-traditionelle Hersteller von Nutzfahrzeugen bringen in verschiedenen Gewichtsklassen und Segmenten die neuen elektrischen Fahrzeuge. Und für deren erfolgreichen Durchbruch liefert die McKinsey Studie drei Gründe:
„Erstens, basierend auf den Total Cost of Ownership (TCO), könnten diese Fahrzeuge in relativ kurzer Zeit mit Dieselmotoren und alternativen Antrieben gleichwertig sein. Zweitens wird die robuste Technologie und Infrastruktur für Elektrofahrzeuge (EV) immer kostengünstiger und verfügbarer. Drittens wird die Annahme durch das regulatorische Umfeld ermöglicht, einschließlich länderspezifischer Emissionsvorschriften (z.B. potenzielle Ziele für die Kohlendioxid-Flotte) und lokaler Zugangspolitiken (z.B. emissionsfreie Zonen).“ Die Unternehmensberater kommen jedoch zu der Erkenntnis, dass „die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen (CV) in Abhängigkeit von den spezifischen Merkmalen der Anwendungsfälle in verschiedenen Segmenten unterschiedlich schnell erfolgen wird.“
Ohne Widerstände wird es nicht gehen
Doch so ganz ohne Widerstände wird sich die Elektrifizierung der Trucks nicht durchsetzen lassen. Die neuen Fahrzeuge müssen zuverlässig sein. Bei Daimler rechnet man mit einer Laufdauer eines Trucks von 1 Million Kilometer, in den USA sogar mit 1 Million Meilen. Diese Dauerhaltbarkeit der Batterie in einem Lkw ist bislang nicht erforscht. Und doch ist man in Stuttgart fest entschlossen, sich dieser Herausforderung zu stellen – „wir müssen lernen“, so Martin Daum, Vorstandsmitglied der Daimler AG und in dieser Funktion Leiter der Geschäftsfelder Daimler Trucks.
Schulungen für den Einsatz der eTrucks essentiell
Spätestens bei der Einführung müssen Verbraucher, Mitarbeiter, Händler und Kunden geschult werden. Gerade im Service und bei der Wartung werden durch die elektrischen Trucks andere Anforderungen an die beteiligten Arbeitskräfte gestellt. Selbst die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Notdiensten müssen in Sachen elektrischer Antrieb und den potentiellen Risiken bei Unfällen geschult sein.
Ein weiteres Manko sehen die Berater derzeit in der fehlenden Ladeinfrastruktur. Sie stellt eine große Herausforderung für die BECV-Aufnahme in den Unternehmen dar. Dennoch gibt es hier gerade im Vergleich zu den privaten Elektroautos Vorteile. Aufgrund der Vorhersehbarkeit und Wiederholbarkeit des Fahrverhaltens und der betrieblichen Nutzung sowie des zentralen Charakters des Ladevorgangs ist die Aufladung in der Regel nicht so kritisch wie bei Personenkraftwagen. Im Allgemeinen wird eine Ladeinfrastruktur in den Depots benötigt, um das Laden zu ermöglichen, wenn BECVs nicht in Betrieb sind, und das kann in der Regel über Nacht geschehen.
McKinsey erwartet die Einführung der Elektrifizierung jetzt – und nicht erst in 10-20 Jahren
Die Unternehmensberater entwickelten eine „granulare Bewertung von batterieelektrischen Nutzfahrzeugen (BECVs) für 27 CV-Segmente in drei verschiedenen Regionen (China, Europa und USA), drei Gewichtsklassen und drei Anwendungen.“ Dabei wird in den Gewichtsklassen in leichte Lkw (LDTs), mittelschwere Lkw (MDTs) und schwere Lkw (HDTs) unterteilt. Die drei Anwendungen beinhalten die Stadt-, Regional- und Fernverkehrszyklen im Einsatz der elektrischen Fahrzeuge.
Die Forschungsergebnisse zeigen, „dass BECVs vor allem im leichten und mittleren Leistungssegment ein großes Potenzial haben.“ Hier legen die Kaufentscheidungen für Lebensläufe mehr Gewicht auf wirtschaftliche Betrachtungen und spiegeln eine höhere Regulierungssensibilität wider. Hier finden wir bereits in diesem Jahr mit dem VW eCrafter, dem eCanter von Daimler oder dem Renault Master Z.E. die traditionellen Hersteller im Testlauf. Der Streetscooter von DHL Deutsche Post ist derzeit wohl der bekannteste elektrische Lkw aus dem mittleren Segment, der bereits mit mehreren 1000 Exemplaren die deutschen Straßen befährt.
Der Wendepunkt für die Einführung der eTrucks in diesem Segment wird der Studie zufolge kurz nach 2025 zu liegen.Hier werde die Nachfrage durch einen deutlichen Rückenwind aus der erwarteten Verschärfung der Regulierung (z.B. Freihandelszonen) in Kombination mit steigendem Kundenvertrauen, etablierter Ladeinfrastruktur, Modellverfügbarkeit und verbesserter Wirtschaftlichkeit für eine Vielzahl von Anwendungsfällen und Anwendungen unterstützt.
Die derzeitigen Aktivitäten der einzelnen Truck-Hersteller verdeutlichen die Notwendigkeit für die OEMs, dieser erwarteten starken Nachfrage nachkommen zu können. Wir werden uns daher in den kommenden Wochen verstärkt die einzelnen Elektromodelle im Lieferverkehr ansehen. Wir halten uns dabei nicht mit Studien auf, sondern gehen bewusst in die Praxis. Wir beginnen dann in dieser Woche mit den für Juli angekündigten eTransportern von MAN.
Es kommt ein neuer Schwung in den Markt der Fahrzeuge, die die letzte Meile beliefern, und das ist gut so.
Bildrechte: Daimler, DHL Deutsche Post Streetscooter, Nissan, Michael Brecht
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