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E-Scooter: Meine persönlichen Erfahrungen

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In diesem abschließenden Post zu den E-Scootern auf ihrem Weg in die deutschen Städte berichte ich über meine ganz persönlichen Erfahrungen mit diesen kleinen Stadtflitzern. Ja es stimmt, die Fahrten mit E-Scootern in deutschen Städten sind derzeit verboten. Ich habe mich jedoch in den vergangenen Wochen mit meinem micro Elektroscooter in einigen bayerischen Städten auf Straße, Fahrradweg und Fußgängerwege gewagt. Nicht heimlich still und leise, sondern ganz bewusst mit Helm ausgerüstet die diversen Straßen befahren. Glückliche Kinderaugen, erstaunte Autofahrer, cool grüßende Roller- und Motorradfahrer, all das inklusive.

Unsere Serie zur globalen ‚E-Scooter Invasion’ in den Städten hat die Hindernisse in Deutschland und die genau entgegengesetzte Goldgräberstimmung in den US-amerikanischen Städten aufgezeigt. Die großen und schwer durch-finanzierten US Mobility-Konzerne wachsen in diesen Wochen in den Scooter- und E-Scootermarkt hinein. Das passiert entweder durch Kooperationen, Investments in E-Scooter Anbieter oder eben durch die Aufnahme dieses Fahrzeugtyps in das eigene Portfolio. Die E-Scooter sind inzwischen per App buchbar, so wie wir das seit Jahren von Autos oder Fahrrädern gewohnt sind.

Als Konsequenz erwarten wir die Ankunft der amerikanischen Anbieter in deutschen Städten also spätestens mit der Freigabe der E-Scooter durch das Bundesverkehrsministerium als offiziell anerkannte Fahrzeuge nach §1 der Straßenverkehrsordnung. Was das für unsere Städte heißen kann, das sehen wir ja derzeit im Bike-Sharing Markt. Kein Tag vergeht, an welchem nicht ein Foto mit Schrottbergen von Sharing Bikes aus irgendeiner Weltmetropole zu sehen ist. Meine Erfahrungen mit dem E-Scooter waren also ganz bewusst auch darauf ausgerichtet, wie wir diese Fahrzeuge so in unseren Städten einführen können, dass wir diese Art der Berge an Elektroschrott auf deutschen oder auch europäischen Straßen vermeiden können.

Meine persönlichen Erfahrungen mit E-Scootern in deutschen Städten

Meine Erfahrungen mit dem E-Scooter im Stadteinsatz in Bayern sind großartig. Mit meinem Schweizer micro E-Scooter habe ich in Augsburg, München und diversen kleineren Städten in Oberbayern großen Spaß gehabt. Leise surrend wie eine Biene begleitet einen der Elektrosound auf dem Weg durch die Stadtzentren. Ältere Menschen betrachten einen zumeist skeptisch und doch neugierig. Jugendliche und Mitglieder der Generation Y entgleitet meist ein ‚ist das cool’. Am spontansten sind die Fahrer von Elektro-Sharing Rollern: in München hat mir mindestens jeder Zweite von ihnen zugewinkt. Ein Lächeln im Gesicht inklusive. Es ist der Spaßfaktor, der meinen E-Scooter scheinbar nicht nur für mich zu einem Lieblingsfahrzeug in der Stadt macht.

Mehr Beiträge unserer Serie „E-Scooter“:

Doch zusätzlich zum Spaß kommt die ungeheure Effizienz dieses kleinen E-Scooters. Bei meinen diversen Tests schlägt mich im Zeitvergleich kein Auto auf den letzten drei Kilometern, und das nicht nur im Berufsverkehr. Klein, wendig, toller Durchzug – all diese Eigenschaften machen den E-Scooter zum perfekten Begleiter für die letzte Meile.

Ein Beispiel – bitteschön? Morgens im ICE aus Augsburg nach München ist der E-Scooter zusammen geklappt mein Begleiter bei meinem Kaffee im Speisewagen. Auf dem Bahnsteig in München angekommen schiebe ich den E-Scooter aufgeklappt an meiner Seite, zu viele Menschen sind hier noch um mich herum. Doch spätestens auf dem Münchener Bahnhofsvorplatz ein Antritt, kurz am Griff gedreht und schon schnurre ich in angenehmer Fahrt an den an der Ampel wartenden Autos vorbei. Wie gesagt: ich nehme da gerne die Herausforderung an: auf den letzten drei Kilometern in einer Innenstadt schlägt mein micro E-Scooter jedes Auto im Zeitvergleich – versprochen.

Was wünsche ich mir in den Städten?

Natürlich ist die Einführung der E-Scooter als Fortbewegungsmittel für die letzte Meile im Personentransport abhängig von der positiven Entscheidung durch das Verkehrsministerium. Hier ist schon einmal meine Wunschliste: ich wünsche mir den Einsatz der E-Scooter auf dedizierten Fahrwege: jene sollten glatt, gut gereinigt und eine klare Abgrenzung zu den Autospuren haben. Gut geeignet erscheinen mir die neueren Fahrradwege in den Städten, Schnellwege, dedizierte Brücken wie in den kanadischen Großstädten wären optimal.

Doch selbst in deutschen Altstädten mit Kopfsteinpflaster, wie etwa in der Augsburger Altstadt oder im Züricher Niederdorf funktionieren die E-Scooter. Je weniger Kopfsteinpflaster, umso besser, aber zur Not hilft ein schmaler Streifen mit größeren Steinen durch die ‚alte Stadt’. Der Einsatz von Helm und Beleuchtung ist sicherlich ein Must (sorry Y-Generation). Ähnlich der Fahrt auf Fahrrad oder Elektrobike sind diese Requisiten eher zum Schutz gedacht vor Unfällen mit Autos, die einen nicht beachten oder zu spät sehen.

Und wie lassen sich jetzt die aus dem Bike-Sharing bekannten Berge an Metallschrott vermeiden? Ist das Risiko bei den kleineren Scootern und E-Scootern nicht noch größer. Wer die Meldungen aus den US-Städten verfolgt, der bekommt genau diesen Eindruck. Die Branchengrößen Lime und Bird weisen auf ihren Instagram Accounts mehr oder weniger erfolgreich immer wieder darauf hin, dass die Fahrzeuge eben nicht in Flüssen oder auf Bäumen zu entsorgen sind. Die Münchener wurden ja gar als Bike-Sharing Hooligans von Mobike und Obike Rädern medial bezeichnet.

Eine smarte Idee kommt wieder einmal aus den USA. Zagster, als die Bike-Share-Firma hinter der Marke Pace, lanciert ein Pace Parking Konzept. Hierbei geht es um eine  Abstellplattform für Fahrräder, Elektrofahrräder und Elektroroller. Pace startete damit jüngst in Chicago, Austin und Bloomington, Indiana. Diese Abstellplattform wurde gezielt dafür entwickelt, dass kleinere Sharing Fahrzeuge wie JUMP-Fahrräder und Skip-Scooter eben dediziert geparkt werden. In der Zusammenarbeit mit Städten, privaten Landbesitzern und lokalen Unternehmen soll dann sichergestellt werden, dass die Gemeinden über eine angemessene Parkinfrastruktur verfügen.

Dazu der CEO und Co-Founder von Zagster Tim Ericson: „Mit dem rasanten Aufstieg von Dockless Bikes, E-Bikes und Rollern in den USA befinden sich unsere Städte nun in der Anfangsphase eines massiven Wandels in der Art und Weise, wie die Menschen sich fortbewegen – eines so bedeutsam wie das persönliche Automobil im 20 Jahrhundert. Stellen Sie sich eine Stadt mit Zehntausenden von Autos vor, die Sie nirgendwo parken können – das ist die große Herausforderung, vor der jede große US-Stadt derzeit steht.“

Ich sehe dieses Problem einer fehlenden Infrastruktur für Mobilitätsparkplätze (neben vernünftigen Fahrbahnen für die Bikes und Scooter) als eine große Herausforderung. Pace ist das erste Unternehmen, das im US Markt etwas dagegen unternimmt. Es sieht sich als Pionier des Lock-to-Dockless-Bike-Sharing. „Die Städte waren bereit, mit docklosen Fahrrädern zu experimentieren, die sich an nichts festhalten, weil sie nicht genügend Fahrradabstellplätze hatten und bis Pace keinen Partner hatten, der bereit war, diese Infrastruktur kostenlos zu installieren.“

Der Kampf um die Vormacht unter den E-Scooter Anbietern

Interessant wird sicherlich der Wettbewerb um die Vormachtstellung unter der E-Scooter Anbietern. Ist es das Unternehmen mit dem breitesten Angebot, das gewinnen wird? Also muss zum Beispiel ein Sharing Service Zugang zu allen Verkehrsträgern aus einer App heraus bieten können? Neben E-Scootern vermietet Lime zum Beispiel auch E-Bikes und normale Fahrräder. Von der anderen Seite greifen die großen Auto-Sharing Anbieter wie Uber und Lyft nach den kleinere Fahrzeugen. Am Ende determiniert diese Marktstellung auch die Antwort auf die Frage, welcher der Anbieter die von den Millionen an Fahrzeugen erzeugten Daten kontrolliert.

Bird, Lime und andere nutzen solche Informationen nur selten, um ihre Dienste selbst zu verbessern.  Aber die Daten selbst könnten ein Nebenprodukt werden. Ofo, ein chinesischer Pionier im Bereich der Mieträder, sammelt viele Daten und plant, diese an Bauträger und lokale Einzelhändler zu verkaufen. Der Bike-Sharing Riese Lime glaubt, dass seine Roller eines Tages zu mobilen Sensoren werden könnten, die Daten über alles von der Verschmutzung bis hin zum Straßenzustand sammeln könnten.

Was können wir für die Einführung in Deutschland lernen?

Was lernen wir daraus für die Einführung der E-Scooter in Europa. Ohne ein klares Konzept für das Parken und gleichzeitige Laden der E-Scooter wird ein Sharing Modell dieser Fahrzeuge in deutschen Städten nicht funktionieren. Sicherlich werden wir privat genutzte E-Scooter in den Städten sehen, doch die großflächige Einführung mit dem Anspruch des Teilens und damit der Nutzung durch viele Fahrer im Tagesverkauf wird ohne Parkkonzept nicht funktionieren. Und diese Überlegungen werden noch in diesem Jahr nicht nur die Hersteller der E-Scooter, sondern auch die potentiellen Sharing Anbieter inklusive der amerikanischen Mobility-Riesen wie UBER, Lyft, Bird oder Lime vollziehen.

Gleichzeitig bin ich gespannt, welche deutschen oder europäischen Anbieter es schaffen können, den amerikanischen Mobility-Riesen entgegenzutreten. Wollen wir tatsächlich, dass Bird und Lime uns Daten zu Straßenzustand oder Luftverschmutzung in deutschen Städten liefern? Ist ein Parkkonzept und die Datenanalyse hierzu nicht besser in den Händen einer Deutschen Bahn aufgehoben? Welche Rolle könnte Bosch spielen, das Unternehmen das bereits heute an die Mehrzahl der weltweiten Mobility Anbieter seine Antriebe oder Zubehör liefert. Und welche Rolle kann beispielsweise die Deutsche Post/DHL übernehmen, die ja mit ihrem Streetscooter ihr elektrisches Verteilfahrzeug inzwischen höchst erfolgreich selbst baut?

Ich jedenfalls freue mich riesig auf die E-Scooter in deutschen Städten. Der Druck auf die Entscheider in deutschen Städten ist jedoch enorm. Denn einen Imageschaden, wie jüngst durch die Bike-Sharing Metallberge möchte keine Stadt auf sich nehmen. Gleichzeitig ist der Nutzen der E-Scooter im Verkehr auf der letzten Meile unglaublich hoch. Die Zeit drängt! Wie weit ist Ihre Stadt bei den Überlegungen mit diesen neuen Fortbewegungsmitteln? Neben dem Spaßfaktor müsste die Stadtoberen doch auch die Effizienz im städtischen Personentransport reizen. Auf gehts.

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