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Interview mit Annik Stucki zu Carpooling in Paris

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Die Schweizerin Annik Stucki hat sich entschieden, ihre Karriere in der Corporate Welt für einen Job in einem Startup einzutauschen. Sie lebt und arbeitet seit wenigen Monaten in Paris und verantwortet als Chief Operating Officer beim Carpooling Spezialisten Zify den europäischen Ausbau. Wir haben sie getroffen, um mit ihr über ihre Beweggründe und das Zify Geschäftsmodell zu sprechen.

Hallo Annik, wir freuen uns, mit dir zum Thema Carpooling zu sprechen. Anfangen wollen wir jedoch mit ein wenig Hintergrund zu dir selbst.

Ja, ich bin ursprünglich aus Bern in der Schweiz, habe dort an der Universität Bern meinen Master in Business Administration gemacht und nach einigen Jahren Teilzeitarbeit im öffentlichen Sektor und einem kurzen Einsatz bei PwC in der Wirtschaftsprüfung ein Traineeprogramm bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB begonnen. Im Rahmen des 18 Monatigen Programms hatte ich die Möglichkeit, einen viermonatigen Arbeitseinsatz bei einem Startup zu machen und bin durch Zufall beim Indischen Carpooling Startup Zify in Paris gelandet.

Sehr schnell war ich von der Idee des Carpooling und Zify begeistert, habe das Startup Umfeld – die Flexibilität, vielen Möglichkeiten, Gestaltungsfreiheit und gefragte Kreativität, die unglaubliche Vielseitigkeit, Schnelllebigkeit extrem schätzen gelernt und vor allem extrem viel gelernt. Nicht zuletzt auch durch Techstars, einem Startup-Förderprogramm, wo ich unzählige Trainings und Mentorings mitmachen konnte und sehr viele spannende Leute kennengelernt habe. Der Rest unseres Teams sitzt in Hyderabad, Indien und so hatte ich zusammen mit dem Gründer – Anurag Rathor – die Chance, seine Idee hier für Europa weiter zu entwickeln und schlussendlich im November die ersten drei Leute anzustellen.

Du bist also nach dem Traineeprogramm bei der SBB direkt zu Zify gewechselt?

Ja genau, nach Abschluss des Programms habe ich mich für Zify in Paris entschieden. Meine Titel ist „Chief Operating Officer“. So nennt mich der CEO und Founder zumindest. Anders gesagt bin ich Verantwortliche für alles was gerade anfällt.

Ich führe das kleine, dreiköpfige Team hier in Paris, bin zuständig für den Betrieb bzw. Aufbau hier in Europa. Das geht von Strategieerarbeitung Europa über Business Development, Marketing, HR, Accounting, Fundraising, bis hin zu Community Management, auch mal Flyern, Tweeten etc..

Vor allem aber Struktur ins chaotische Startup bringen, Teammeetings einführen, Teamkultur entwickeln, mich mit unserem Team in Indien absprechen, Tools anschaffen. Eine riesige Herausforderung – v.a. aber eine unglaubliche Erfahrung, in so einem tollen, innovativen, inter-kulturellen Startup zu arbeiten.

Zify wurde in Indien gegründet und sitzt jetzt in Paris, was ist der Hintergrund dazu?

Der CEO und Founder Anurag Rathor ist ursprünglich aus Hyderabad, Indien. Dort hat er Zify 2015 ins Leben gerufen. Nach einem erfolgreichen Start in Indien hat er sich letztes Jahr entschieden, den Schritt nach Europa zu wagen und mit Zify auch hier einen Beitrag zur Mobilität der Zukunft anzubieten. Es geht ihm um eine effiziente, ökologische Form der Mobilität.

Und da hat er Paris gewählt, warum das?

Frankreich ist bzgl. Carpooling im Vergleich zum restlichen Europa einen Schritt voraus, das Bewusstsein ist vorhanden, die Nachfrage v.a. auf längeren Distanzen konnte bewiesen werden. Mit Zify knüpfen wir daran an und bieten eine Lösung für kurze und mittlere Strecken, v.a. für den täglichen Pendelverkehr an.

Was ist euer Geschäftsmodell?

Zify basiert auf einem Kommissionsmodell, eine Kommission auf dem Preis, welchen den Mitfahrer dem Fahrer bezahlt. Dabei handelt es sich um einen fixen Betrag pro Kilometer, der dem Fahrer einen Teil seiner Car Ownership Cost entschädigt. Unser Ziel ist es, keine zusätzlichen Autofahrten zu generieren, sondern privaten Autofahrern einen Anreiz zu setzen, ihre freien Plätze anzubieten. Kundennutzen ist dabei eine effiziente, kostengünstige, komfortable, ökologische, flexible Form der Mobilität.

Warum nutzt der Kunde dann Zify?

Weil wir mit unserer App Carpooling unkompliziert, simpel und flexibel machen. Carpooling darf heutzutage kein Hindernis mehr sein, sondern in den Alltag eingebunden werden können. Ein genereller Impact ergibt sich dann in der besseren Auslastung der Fahrzeuge, einer Ressourcenoptimierung, weniger Emissionen, weniger benötigter Parkplätze, weniger Verkehr und letztlich einer sozialen Vernetzung.

Unsere Erfolge können sich nach wenigen Monaten sehen lassen: 3 Millionen gebuchte Trips, 3000 tägliche Fahrten, ca. 500 neue monatliche Nutzer. Zusätzlich sind wir Teil von Techstars Paris, La French Tech Ticket und Startup Bootcamp Berlin.

„Paris ist optimal – das Umfeld ist Startup-freundlich, es gibt viele Accelerator Programme und Investoren.“

Wen seht ihr denn als euren Wettbewerber an?

Carpooling ist in Frankreich weit verbreitet und der Wettbewerb gross. Allen voran kommt BlaBlaCar – welches sich jedoch auf lange Distanzen konzentriert. Wir sehen uns nicht als Wettbewerber zum öffentlichen Verkehr, sondern vielmehr als Ergänzung und glauben, dass die Zukunft eine viel stärkere Verschmelzung von öffentlichen und privaten Anbietern bringen wird.

Was kommt als Nächstes?

Zur Zeit konzentrieren wir uns auf die Märkte Indien und Frankreich. In Indien wollen wir unseren Betrieb ausweiten und die Userbindung verstärken. Von den Erfahrungen aus Indien können wir auch in Frankreich profitieren, um auch hier einen Betrieb aufzubauen. Mit Zify haben wir aber eine Mobilitätslösung, welche weltweit genutzt werden kann. Wir sind bereit, in ganz Europa einen Beitrag zu einer effizienten und nachhaltigen Mobilität zu leisten. Ziel ist es dafür dieses Jahr Series A aufzubringen.

„Wir sind die perfekte Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr und bieten mit Carpooling eine Lösung an, die weltweit genutzt werden kann.“

Was lässt dich morgens aufstehen?

Wir teilen unsere Wohnungen, Bücher, Kleider, Taxi, Musik, … nicht aber unsere freien Plätze im Pendlerverkehr. Dabei sitzt im Durchschnitt in über 90% der Fahrzeuge nur eine Person im Auto.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auch im privaten Verkehr zusammenlegen müssen und so nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der verstopften Strassen, vollen Parkplätzen und hohen Emissionen leisten, sondern auch den sozialen Austausch fördern und uns vernetzen können.

Weshalb habe ich mich entschieden, die Corporate World für einen Job in einem kleinen Startup zu verlassen? Ich habe die Möglichkeiten, die Stabilität, Sicherheit, das grosse Netzwerk in der 33’000 Mann-Firma sehr geschätzt. Doch gerade diese festen und gut funktionierenden Strukturen und Prozesse können auch hindernd sein, immer wieder musste ich mir das eigentliche Ziel / Zweck meiner Arbeit wieder vor Augen rufen.

Das ist hier anders – das Ziel ist klar, die Begeisterung und Überzeugung für das Startup gross, die Handlungsfreiräume riesig. Es wird nur gemacht was wirklich gemacht werden muss, was uns weiterbringt, Zeit und Ressourcen für Ineffizienten gibt es nicht. Das schätze ich enorm, immer wieder stelle ich mir die Frage – warum mache ich was ich gerade mache? Bringt es uns weiter? Die Erfahrung kann mir niemand nehmen.

Annik, wir bedanken uns sehr für dieses Gespräch und wünschen viel Erfolg bei eurem weiteren Wachstum der Zify Carpooling Plattform.

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